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  Else Lasker-Schüler - Ich suche allerlanden eine Stadt...  
Lyrik Prosa Vita Stimmen

Lyrik:

Mein blaues Klavier

Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.

Es steht im Dunkel der Kellertür,
Seitdem die Welt verrohte.

Es spielten Sternenhände vier
– Die Mondfrau sang im Boote –
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.

Zerbrochen ist die Klaviatür…
Ich beweine die blaue Tote.

Ach liebe Engel öffnet mir
– Ich aß vom bitteren Brote –
Mir lebend schon die Himmelstür –
Auch wider dem Verbote.

Nur dich

Der Himmel trägt im Wolkengürtel
Den gebogenen Mond.

Unter dem Sichelbild
Will ich in deiner Hand ruhn.

Immer muß ich wie der Sturm will,
Bin ein Meer ohne Strand.

Aber seit du meine Muscheln suchst,
Leuchtet mein Herz.

Das liegt auf meinem Grund
Verzaubert.

Vielleicht ist mein Herz die Welt,
Pocht –

Und sucht nur noch dich –

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Eva

Du hast deinen Kopf tief über mich gesenkt,
Deinen Kopf mit den goldenen Lenzhaaren,
Und deine Lippen sind von rosiger Seidenweichheit,
Wie die Blüten der Bäume Edens waren.

Und die keimende Liebe ist meine Seele.
O, meine Seele ist das vertriebene Sehnen,
Du zitterst vor Ahnungen
Und weißt nicht, warum deine Träume stöhnen.

Immer liege ich auf deinem Leben,
Eine tausendstämmige Erinnerung.
Und du bist so blutjung, so adamjung…
Du hast deinen Kopf tief über mich gesenkt –.

Tino von Bagdad - Zeichnung von E. L.-Sch.

Die Tänzerin Wally

Sie wandelt an den Nachmittagen
Durch ihrer Gartengänge grüne Heiligensagen
Von frommer Dämmerung ins Himmelreich getragen.

Die Bibelfrauen: ihre Feen…
Sie hört wie sie vom Leiden der Propheten klagen,
Die schon im Weltenanfang sahn die Welt verwehen.

Sie aber lernte auf den Spitzen ihrer Füße stehen
Von den Zypressen, die das Weltenende überragen.
Zu einem sanften Tanze hebt sich leicht ihr Gehen.

Zwei weiße Schäferhunde folgen ihrem Wagen,
Erzählen ihre Gliederweisen uns vom höheren Geschehen.

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Ein Lied

Hinter meinen Augen stehen Wasser,
Die muß ich alle weinen.

Immer möcht ich auffliegen,
Mit den Zugvögeln fort;

Buntatmen mit den Winden
In der großen Luft.

O ich bin so traurig -
Das Gesicht im Mond weiß es.

Drum ist viel samtne Andacht
Und nahender Frühmorgen um mich.

Als an deinem steinernen Herzen
Meine Flügel brachen,

Fielen die Amseln wie Trauerrosen
Hoch vom blauen Gebüsch.

Alles verhaltene Gezwitscher
Will wieder jubeln,

Und ich möchte auffliegen
Mit den Zugvögeln fort.

Herbst

Auf einmal mußte ich singen…
Und ich wußte nicht warum.
Doch abends weinte ich bitterlich.

Es stieg aus allen Dingen
Ein Schmerz und der ging um –
Und legte sich auf mich.

Stürmische Wolkendepeschen
Erschreckend den Weltenraum;
Und die Beeren der Ebereschen
Die winzigen Monde am Baum.

Mein Liebeslied

Wie ein heimlicher Brunnen
Murmelt mein Blut,
Immer von dir, immer von mir.

Unter dem taumelnden Mond
Tanzen meine nackten, suchenden Träume,
Nachtwandelnde Kinder,
Leise über düstere Hecken.

O, deine Lippen sind sonnig...
Diese Rauschedüfte deiner Lippen...
Und aus blauen Dolden silberumringt
Lächelst du ... du, du.
Immer das schlängelnde Geriesel
Auf meiner Haut
Über die Schulter hinweg -
Ich lausche ... Wie ein heimlicher Brunnen
Murmelt mein Blut.

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Mein Tanzlied 

Aus mir braust finst're Tanzmusik, 
Meine Seele kracht in tausend Stücken! 
Der Teufel holt sich mein Mißgeschick 
Um es ans brandige Herz zu drücken. 

Die Rosen fliegen mir aus dem Haar 
Und mein Leben saust nach allen Seiten, 
So tanz' ich schon seit tausend Jahr, 
Seit meiner ersten Ewigkeiten.