Die stärkste und unwegsamste lyrische Erscheinung
des modernen Deutschland wurde sie 1910 von Karl Kraus genannt.
Unwegsam ist ihre Dichtung auf lange Zeit geblieben, obwohl Versuche
verschiedener Art unternommen worden sind, Wege zu ihrem Verstehen
zu zeigen. Erschwert wurde das jedoch immer wieder durch das außerordentliche
Bedürfnis der Künstlerin nach phantastischer Umformung,
nach Kaschierung von Bereichen der privaten Sphäre
Sie gab sich Namen, die ihre Außenseiterposition betonten:
Räuber, Vagabund, der über die Bürger lacht, Herumtreiber.
Die Existenz als Frau in der bürgerlichen Gesellschaft lehnte
sie rigoros ab. Äußerlich demonstrierte sie das durch
das Tragen von Hosen und bunten Gewändern, durch kurzgeschnittenes
Haar. Sie stellte sich dar als Prinzessin Tino von Bagdad, später
als Jussuf, Prinz von Theben, der sein Reich anders regiert als
die weltlichen Potentaten, und versuchte auf diese Art, Realitäten
und Beziehungen, die Gegenwelt, nach der sie verlangte, anschaulich
werden zu lassen
aus: Else Lasker-Schüler Ich suche allerlanden eine
Stadt
herausgegeben von Sylvia Schlenstedt, Reclam Leipzig, 1988